Wiener Rathausregierung stellt "Corona-Ampel" auf Rot
Die Maske als Allheilmittel gegen das Coronavirus der Bevölkerung schmackhaft zu machen, scheint vielen Menschen nicht ganz geheuer. So wie das tägliche Zahlenwerk an Neuinfizierten aus aller Welt, die nichts über Erkrankungen aussagen. Länder mit schwachem Sozial- und Gesundheitssystem sind besonders hart betroffen. Das wissen die Österreicher längst. "Wir sind erst bei der Hälfte" gibt Gesundheitsminister Rudolf Anschober unbeirrt von sich, und präsentiert ein neues Farbenspiel der Bundesregierung: die Corona-Ampel.
Derweil sinkt das Vertrauen in die Regierung rapide. Das rot-regierte Wien hat die ganze Zeit über vorbildlich mitgemacht und alle Vorgaben der Bundesregierung zu 110% erfüllt. Doch nun scheint der Bürgermeister nicht mehr den Empfehlungen aus dem Gesundheitsministerium folgen zu wollen. Was schwierig werden könnte für den Wiener Parteichef. Nachdem Doskozil gewaltig an Stimmkraft verloren hat, und Kaiser die Kasernen in Kärnten mit der ÖVP erfolgreich verhandelt hat, Peter Hacker stimmlos geworden ist, wird Ludwig seiner Parteichefin in Gesundheitsfragen schwer beikommen. Rendi-Wagner ist glühender Fan von Rudi Anschober, der es bisher geschickt verstanden hat, die Ärztin für die Regierungspolitik zu begeistern.
Corona-Ampelsystem zu einfach
Gesundheitsminister Rudolf Anschober hatte am 9. Juli erste Details für das bis September geplante Corona-Ampelsystem genannt. Insgesamt soll die Ampel vier Kriterien berücksichtigen. Und je nach Ampelstufe - von grün bis rot - sollen dann in den betreffenden Bezirken Maßnahmen verhängt werden. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig steht dem Ampelsystem grundsätzlich offen gegenüber, aber er scheint skeptischer geworden zu sein.
Alles was in den letzten Wochen vor sich geht, von Pop-up-Demonstrationen und anderen "Respektlosigkeiten", könnte dem Kampf um Wien geschuldet sein. Werden Schwarz, Grün und Pink gemeinsame Sachen machen und die Rote Herrschaft brechen?
Generalprobe für Wien in Oberösterreich
Rudi Anschober hat in Oberösterreich vorexerziert, wie man die Corona-Ampel bedient: dort testen, wo die meisten Fremdarbeiter beschäftigt sind. Über die Zielgenauigkeit war man selbst überrascht. Als in heimatlichen Schlachtbetrieben positive Coronatests zu Tage kamen, wurde man sich eines Problems bewusst: Egal ob Gastarbeiter oder Firmenchef, Mitarbeiter, Kunde, Lieferant, deren Verwandte, Freunde, Kinder und alle Kontakte in der Corona App, sie alle werden zu Betroffenen, wenn die Gesundheitspolizei ausrückt und es plötzlich ganz genau wissen will.
Gesundheitsminister Rudi Anschober betonte, dass Schlachthöfe ein wichtiger Teil der Screening-Testungen seien. Bereits vor Bekanntwerden der Fälle in Oberösterreich wären in fleischverarbeitenden Betrieben stetig Tests durchgeführt worden. Ein schlagender Beweis für das nichtfunktionierendes Krisenmanagement könnte man sagen.
17 Punkteprogramm für zweite Coronawelle
Oberösterreich ist in vielerlei Hinsicht ein Trendsetter für die neue Zusammenarbeit zwischen Land und Bund. Ob bei der Bekämpfung des politischen Islam oder bei "freiwilligen" Tests und Registrierungen. In der ZIB eins am Sonntag bemühte sich der Gesundheitsminister, alle Schuld dem Ausland zuzuschieben. Momentan seien es die Westbalkan-Länder, aus denen die größte Gefahr drohe. Die zweite Coronawelle wird wohl per Gesetz beschlossen. Die Corona-Ampel leuchtet den Pfad voraus.
Schlachthöfe in Österreich kleiner und feiner
Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) betonten, dass Österreich mit seinen kleineren Schlachthof-Strukturen und vorsorglichen Corona-Tests in den Betrieben Deutschland einen Schritt voraus sei. „Die österreichischen fleischverarbeitenden Betriebe sind mit jenen in Deutschland nicht zu vergleichen“, sagte Köstinger. Da die Schlachthöfe in Österreich kleiner seien, lasse sich das Virus hier leichter eindämmen.
Die Generalprobe in Oberösterreich zeigte weitere Schwächen für die geplante Kür im Herbst. Etwa die vollkommen überzogenen Schulschließungen. Kinder und Jugendliche waren bisher die Hauptleidtragenden des Lockdowns. Auch wegen der Weigerung der Lehrerschaft, Kindern Unterricht an den Schulen anzubieten. Wie bei den Schuppentieren musste sich die Wissenschaft mittlerweile korrigieren, aber die Kinder werden weiterhin vom TU Experten erbarmungslos als Gefahrenquelle gedeutet. Eine nochmalige Schulschließung kurz vor Schulschluss konnte in Oberösterreich erduldet werden. Im Herbst hätte so eine Maßnahme katastrophale Auswirkungen für Kinder und Eltern.
Jagd nach Corona-Positiven in Wien
Aber genau so eine Situation droht Wien im Herbst, wenn mithilfe der Polizei Jagd nach Corona-Positiven gemacht wird, und passende Hotspots ins Visier der Ermittler geraten. Nach den Plänen der Bundesregierung könnte ein Stadtteil unter Quarantäne gestellt werden, wenn die Corona-Ampel auf Rot zeigt. Ein schlechter Zeitpunkt allemal, denn die Kurzarbeit läuft aus, und jene die nicht in ihre Jobs zurückkehren können, werden ziemlich sicher auf der Strecke bleiben. Entweder für immer ins Homeoffice abgeschoben oder gekündigt. Die Coronakrise hat schuld.
Meinung: Die Arbeiterkammer und die Gewerkschaft taten bisher wenig in Sachen Arbeitnehmerschutz. Sie haben Corona in vollem Maße durchgeschlafen und können mit einer kleinen Verlängerung nach dem Sommerurlaub scheinbar gut leben.
Bürgermeister Ludwig spricht Klartext
Das Ampelsystem des Bundes sieht vor, mehrere Informationsquellen zusammenzuführen und damit die Corona-Situation in einzelnen Regionen beurteilen zu können. Für Wien als Österreichs einzige Millionenstadt sei eine derartige „Corona-Ampel“ als Warnsystem durchaus vorstellbar – allerdings unter den richtigen Voraussetzungen, wie Bürgermeister Ludwig sagte: „Beim Vorschlag des Bundes ist noch vollkommen offen, welche Kriterien für die Beurteilung angewandt werden sollen und welche Konsequenzen es durch die Einschätzung geben soll“. Bisher seien von Seiten der Bundesregierung keinerlei Details und konkrete Vorschläge dazu präsentiert und vorgestellt worden.
Es gibt noch keine Teststrategie
Ludwig forderte erneut eine einheitliche Teststrategie für alle neun Bundesländer. „Wien gehört zu den Bundesländern, die am meisten testen. Es kann nicht sein, dass genau diese Länder bei einem möglichen Ampelsystem benachteiligt werden, weil sie mehr testen“, gab Ludwig zu bedenken. Es dürfe auch keinen Automatismus geben, der ab einer bestimmten Warnstufe Maßnahmen auslöse.
Kompetenz der Bundesländer entscheidend
Wien ist immer für bundesweit einheitliche Regelungen eingetreten, betonte Bürgermeister Ludwig. Regionale Maßnahmen seien aber im Falle eines deutlichen Anstiegs an Infektionen durchaus sinnvoll. Allerdings müsse Wien dabei immer „als Einheit“ gesehen werden – unterschiedliche Regelungen nach Bezirken, wie vom Bund vorgeschlagen, seien anders als in den „Flächenbundesländern“ in den Städten nicht umsetzbar. Das Setzen von Corona-Maßnahmen müsse jedenfalls auch weiterhin in Kompetenz der Bundesländer bleiben, sagte Ludwig. „Ich habe bereits im Jänner für Wien einen medizinische Krisenstab eingerichtet, der täglich zusammenkommt und die Lage beurteilt. Mit den Empfehlungen der Expertinnen und Experten im Stab sind wir bisher sehr gut gefahren“, sagte Ludwig.
Kein "Contact Tracing"
Einen Einsatz der Polizei und des Bundesheeres für das „Contact Tracing“ – also das Ausforschen und Nachvollziehen von Infektionsketten – lehnte Ludwig weiter konsequent ab. Das komme einer „Militarisierung des Gesundheitssystems“ gleich. Die Wiener Gesundheitsbehörden seien personell und inhaltlich bestens für diese Aufgabe aufgestellt und geschult.
Vielmehr sieht der Wiener Bürgermeister aber die Bundesregierung darin gefordert, strengere Kontrollen an den Grenzen sicherzustellen. Nur Reisewarnungen auszusprechen sei zu wenig. „Es ist wichtig, dass bereits bei der Einreise entsprechende Kontrollen stattfinden“
Kommentar: Den Einsatz von Polizei abzulehnen, und gleichzeitig Zutritt zu Stadt Wien Marketing Events nur gegen persönlichen Daten an eine GmbH zu gestatten, passt nicht ganz zusammen. Wenn Freiwilligkeit zur Pflicht wird, und die Stadtregierung so ein Diktat unterstützt, Magistrate und Beamte zum Bestrafen ermuntert, dann kann sich gleich ein Polizeistaat um alles kümmern.
„Es darf nicht sein, dass Polizistinnen und Polizisten beschimpft und angegriffen oder gar verletzt werden. Ich habe vollstes Vertrauen in die Wiener Polizei, dass sie weiß, was zu tun ist, und sie hat meine vollste Unterstützung“, sagte Ludwig nach den Krawallen, der von den Grünen unterstützen Demonstrationen gegen nationalistische Türken.
Wer weiß nun wirklich, was zu tun ist?
(PID/red)