Ibiza-SMS zwischen Kurz und Strache "halb so wild"

Vor der Mittwoch geplanten Aussage von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Ibiza-Untersuchungsausschuss ist ein Teil seiner Chat-Nachrichten mit dem früheren Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) durchgesickert. Demnach hat Strache das Ibiza-Video in einer SMS kurz vor der Veröffentlichung noch als "halb so wild" bezeichnet, wie die Tageszeitung "Österreich" in ihrer Exklusiv-Story über die geleakten Ibiza-SMS berichtet.

Die Opposition hat mehrmals das Fehlen der Chatverläufe zwischen Strache und Kurz in den im U-Ausschuss vorliegenden Unterlagen moniert. Laut den nun veröffentlichten Protokollen gab es sowohl kurz vor und kurz nach Veröffentlichung des Videos allerdings sehr wohl einschlägige Unterhaltungen der beiden Politiker.

SPÖ-Berater Tal Silberstein

Demnach hat Kurz bei seinem damaligen Vizekanzler am 16. Mai, also am Vorabend der Video-Veröffentlichung, nachgefragt: "Was kommt da genau?" Straches Antwort: "Halb so wild. Viele falsche Vorwürfe, welche so nicht stattgefunden haben....aber die Frage ist der Auftraggeber...da haben wir zurzeit ein paar Informanten." Kurz äußert dann den - von ihm auch öffentlich wiederholten - Verdacht, der frühere SP-Berater Tal Silberstein könnte hinter dem Video stecken, was Strache aber zurückweist: "Wenn es so einfach wäre, wäre es schön!"

Ibiza-SMS zwischen Kurz und Strache interessant

Außerdem geben die Nachrichten Einblick in Konflikte in der türkis-blauen Koalition. So beschwert sich Kurz über Widerstand der FPÖ gegen geplante Einsparungen im Pensionsbereich, obwohl die ÖVP im Gegenzug Verbesserungen bei der Mindestpension mittragen würde. "Du vergisst leider immer deine Teile der Vereinbarungen", hält Kurz Strache vor. Der antwortet genervt: "Du weißt, dass dies falsch ist und du hier unehrlich spielst." Und einer Senkung der Körperschaftsteuer hätte die FPÖ laut einer Strache-SMS nur zugestimmt, wenn es ein Entgegenkommen bei der ORF-Gebühr und beim Verteidigungsbudget gegeben hätte.

Für das Kanzleramt zeigen die SMS, "dass selbstverständlich eine völlig übliche und keine rechtlich bedenkliche Kommunikation des Bundeskanzlers stattgefunden hat". Die Weitergabe an die Medien sei aber widerrechtlich erfolgt und einem Rechtsstaat unwürdig, sagte ein Sprecher auf APA-Anfrage. Für Straches nunmehrigen Parteimanager Christian Höbart zeigen die SMS dagegen, "wie standhaft Strache stets original freiheitliche Themen und Schwerpunkte vertreten hat". Und FP-Fraktionsführer Christian Hafenecker möchte die SMS nun auch im U-Ausschuss haben, denn ihre "abstrakte Relevanz" für dessen Thema sei mit der Veröffentlichung nicht mehr zu bestreiten.

Strache kommt gut weg

Wie nun bekannt wurde, erfuhr ein Kriminalpolizist mehrere Tage vor dessen Veröffentlichung von der Existenz des Ibiza-Videos. Das geht aus der Aussage des Beamten gegenüber der Staatsanwaltschaft St. Pölten hervor, die dem U-Ausschuss und der APA vorliegt. Sein Informant, der wegen eines Drogendelikts angeklagt ist, soll demnach auch behauptet haben, Geschäftspartner des in der Causa Verdächtigen Julian H. gewesen zu sein.

Die Ermittler in der Ibiza-Affäre hatten im November 2019 Hausdurchsuchungen durchgeführt. Betroffen waren Personen, die dem "engeren Kreis" des an der Affäre beteiligten H. zuzurechnen sind. Einer von ihnen war jener Mann, der dem Polizisten vom Video erzählt hatte. Er arbeitete als sogenannte Vertrauensperson für die Behörden, soll aber selbst ins Drogenmilieu abgerutscht sein. Eine Beteiligung am Ibiza-Video bestreitet er.

Getroffen hat sich der Beamte mit dem V-Mann laut seinen schriftlichen Angaben gegenüber der Staatsanwaltschaft St. Pölten "einige Tage" vor der Veröffentlichung des Ibiza-Videos im Mai 2019. Sein Gegenüber soll dabei von einem Video erzählt haben, bei dem Strache nicht gut wegkommen werde. Der FPÖ-Obmann sei im "A....", sagte der Mann laut der Aussage des Beamten. Der Schilderung des Beamten zufolge behauptete sein Informant außerdem, bereits seit 2018 von dem Video gewusst und schon damals das Bundeskriminalamt darüber informiert zu haben.

Das Bundeskriminalamt wollte dies auf APA-Anfrage nicht kommentieren. "Aufgrund der laufenden Ermittlungen eines Verschlussaktes können wir keine Angaben machen", sagte ein Sprecher. Auch zu möglichen Vertrauenspersonen, verdeckten Ermittlern und ähnlichem könne man auch aus datenschutzrechtlichen und vor allem sicherheitsrelevanten Gründen keinerlei Auskünfte erteilen.

Protokolliert wurde die Aussage des Polizisten über sein Gespräch mit dem V-Mann im Zuge von Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs. Die Staatsanwaltschaft St. Pölten hat dabei Staatsanwälte und Polizisten im Visier, wie die Anklagebehörde der APA bestätigte. Sie sollen mit verdeckten Ermittlern gearbeitet, dies aber nie angegeben haben, lautet der Vorwurf. Einer von ihnen soll der nach der Hausdurchsuchung im Zuge der Ibiza-Affäre in Salzburg Inhaftierte gewesen sein. Mittlerweile gibt es eine Anklage gegen ihn wegen Drogendelikten.

(APA/red)