Awakening für die Viennale – Auge auf das Festival 2025
Mit der Präsentation des Festivaltrailers von Joanna Hogg sind nun alle Karten auf dem Tisch. Das Viennale-Plakat hängt, das Programm ist umrissen, ein Präsident bestellt – und der Eröffnungsfilm gleich mit dazu. Das Festival bleibt seinem Profil treu: Weltkino, Independent-Filme, filmhistorische Raritäten und eine schlanke Portion österreichischen Schaffens. All das in enger Zusammenarbeit mit etablierten Institutionen, hiesigen und internationalen Filmverleihern und Archiven.
Der Trailer als Auftakt
Der Viennale-Trailer 2025 mit dem Titel Awakening stammt von der britischen Regisseurin Joanna Hogg. Die Bildsprache ist bewusst schlicht: ein kleines Zimmer, geschlossene Jalousien, eine Frau erwacht im Bett, Demolärm und Schüsse hallen aus der Straße. Sie steckt den Kopf unters Kissen. Schließlich steht sie auf und geht zum Fenster. Aus Schwarz-Weiß wird Farbe. Close-up aufs Auge. Credit.
Ein Appell zum Awakening? Hogg verwendet Motive, wie man sie aus jungen Perioden filmischen Schaffens kennt: Sie liefert der Viennale ein Spätwerk im Look eines Frühwerks. Festivaldirektorin Eva Sangiorgi nennt Awakening einen „kleinen Film einer großartigen Autorin“, der zeige, „welche unerschöpfliche Kraft zur Erneuerung im Kino steckt“.
Schlaue Plakatauswahl
Das Plakatmotiv der Viennale 2025 zeigt eine Miniatur aus dem Physiologus einem mittelalterlichen Naturbuch des 13. Jahrhunderts. Darauf ist ein Fuchs zu sehen, der sich totstellt, um Vögel anzulocken. In diesem doppelten Spiel – Täuschung und Verführung, Beute und Jäger zugleich – liegt die Mehrdeutigkeit, die das Festival hervorheben will.
Das Viennale Programm
Die Viennale bleibt wie sie ist: internationale Filmkollektive, cineastische Raritäten, historischer Kontext und filmische Hausmannskost. Neben Petzold sind Regisseure wie Richard Linklater, Lynne Ramsay, Kelly Reichardt und Radu Jude vertreten. Österreich setzt mit Elsa Kremser und Levin Peter (White Snail) sowie Johanna Moder (Mother’s Baby) Akzente. Gemeinsam mit dem Filmmuseum widmet man sich in Retrospektiven Jean Epstein und setzt Monografien für Digna Sinke, Massimo D’Anolfi und Martina Parenti sowie Angela Summereder. Ein breiter, internationaler Zugriff, den Eva Sangiorgi seit Jahren konsequent verfolgt.
Die Handschrift der Direktorin
Eva Sangiorgi kam über ihre Arbeit als Festivalleiterin in Bologna nach Wien und übernahm 2018 die Direktion der Viennale. Seitdem prägt sie das Festival mit einem deutlichen Profil: internationale Perspektiven vor lokaler Nabelschau, sorgfältig kuratierte Programme und eine starke Verbindung zu früheren Stationen ihres Berufsleben, die dem Festival ihren Stempel aufdrücken. „Wir antworten auf die politische Instabilität mit einem Programm, das Solidarität und Menschlichkeit ins Zentrum stellt“, heißt es im Festivaltext.
Art Cinema Refugium
Wenn am 16. Oktober der Vorhang aufgeht, bringt Christian Petzold Miroirs No. 3 als Österreich-Premiere. Gedreht auf Super-16. Stilistisch puristisch. Dramaturgisch reduziert. Getragen von vertrauten Mustern und der Präsenz des Autors. In Deutschland lief der Film bereits, die Kritiken waren freundlich.
Ein neuer Präsident eröffnet mit dem eigenen Film die Viennale. Eine doppelte Bühne, die nicht jeden überzeugt. Was war zuerst da: die Henne oder das Ei? In Wien lernt ihn das Kinopublikum zunächst von seiner künstlerischen Seite kennen. Die Rolle des Präsidenten könnte sich ähnlich gestalten. Den Nachfolgedirektor kann er schon mal üben.
Die arrivierten Art Film Principals, Sangiorgi, Petzold und Hogg, machen das Festival zum Safe Space für jedwede Revolte. Sei es gegen Cancel Culture oder die Meinungsfreiheit. Der Trailer ist ein noisy Muntermacher und Vorgeschmack. Fehlt nur noch der Call to Action: Aufwachen heißt die Botschaft – Auge auf das Festival, lautet die Empfehlung. Damit ein echtes Awakening für die Viennale noch einmal möglich wird.
(red)