Lockerungen als Mitbringsel in die ORF-Pressestunde

Vizekanzler Werner Kogler wusste genau, welche kritische Fragen von den Journalisten in der ORF-Pressestunde zu erwarten waren, bevor er ausgeschlafen zum Interview im ORF-Studio erschien. Etwa: Kommen die Unterstützungsmaßnahmen zur Gänze tatsächlich bei den Unternehmen an? Bleibt es bei der umstrittenen Einmalzahlung für Arbeitslose? Wie geht es mit dem Modell der Kurzarbeit weiter? Wer zahlt am Ende die Kosten der Krise? Werden Millionäre wie angekündigt zur Kasse gebeten? Wie bereitet sich die Regierung auf eine mögliche zweite Welle vor?

Werner Kogler in der ORF-Pressestunde im Talk mit Doris Vettermann von der Kronen Zeitung und Hans Bürger vom ORF

Werner Kogler in der ORF-Pressestunde | © ORF

Aber schön der Reihe nach. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) stellte Lockerungen für Mannschafts- und Kontaktsportarten im Freien ab 1. Juli in Aussicht. Allerdings werde dieser Schritt noch verhandelt, sagte er am Sonntag in der ORF-Pressestunde. Dass die Gerichte viele Strafen aufgrund der Coronagesetze aufheben könnten, glaubt er nicht. Die Kommunikation der ÖVP-Grünen-Regierung nach Aufkommen der Krise verteidigte er.

ORF-Pressestunde-Thema: Einzelfälle

Zwar könne er Einzelfälle nicht beurteilen, sagte Kogler. Aus dem Gesundheitsministerium wisse er aber, dass die ausgesprochenen Sanktionen großteils halten würden. Sollte es Gründe zum Aufheben geben, müsse aber aufgehoben werden. Für die eine oder andere Behörde möge es schon "Irritation" gegeben haben, was in Zeiten der Coronabeschränkungen gilt und was nicht. Allerdings hätten immer die gesetzlichen Vorgaben gegolten.

Zweite Welle wird geschluckt

Zuversichtlich zeigte sich Kogler in der ORF-Pressestunde, dass man auch eine mögliche zweite Welle der Pandemie "stemmen" werde. Befürchtungen hegt der Vizekanzler wegen der Reiselockerungen oder aber auch für den Herbst, wenn einander wieder mehr Menschen in Innenräumen begegnen würden. Auch Fehler der Regierung im Kampf gegen die Krise räumte Kogler ein: "Wo gehobelt wird, fallen Späne, und es wurde anständig gehobelt."

Werner Kogler in der ORF-Pressestunde im Talk mit Doris Vettermann von der Kronen Zeitung und Hans Bürger vom ORF

Vizekanzler im Talk mit Doris Vettermann von der Kronen Zeitung und Hans Bürger vom ORF

Auch die Einmalzahlung für Arbeitslose findet Kogler gut, sieht eine generelle Erhöhung des Arbeitslosengeldes aber auch weiterhin - zumindest für seine Partei - nicht vom Tisch. Ohnehin werde es im Herbst ein großes Arbeitsmarktpaket brauchen, auch die Kurzarbeit müsse reformiert werden. Auch für Beiträge von "Millionären und Milliardären" zum möglichen Abbau der Staatsschulden nach Corona sprach er sich abermals aus.

Einsichtiger Vizekanzler

Dass es bürokratische Hürden bei den Coronahilfen für Unternehmen gibt, gestand Kogler in der ORF-Pressestunde auch ein. Es sei sicher so, dass man einige Formulare durcharbeiten müsse. Dennoch verteidigte er die Gestaltung der Maßnahmen, denn: "Raketenwissenschaft ist es keine."

Bei den europäischen Hilfen für krisengeschüttelte Staaten glaubt Kogler an einen Kompromiss, wie dies immer in der EU der Fall sei. Vermutlich werde es eine Mischung der Ideen und Vorschläge geben, also von mehrheitlich Zuschüssen, aber auch Krediten.

Zuerst den Planeten retten

Am Klimaschutzpaket der Regierung hält Kogler fest. Diese biete eine "einmalige Chance" für Investitionen in diesen Bereich, sagte er. Das Klimaschutz-Volksbegehren werde er am Montag nicht unterschreiben - dieses habe er schon im vergangenen Jahr mit seiner Unterschrift unterstützt.

Zeitplan unverändert

Auch der Zeitplan für die große ökosoziale Steuerreform bleibe trotz Gesundheits- und Wirtschaftskrise unverändert, hatte Kogler schon tags zuvor im Ö1-"Journal zu Gast" gesagt. Dieser Teil der Reform sei ja immer für 2022 vorgesehen gewesen, was so bleibe. In welcher Form CO2 in Zukunft besteuert wird, werde derzeit noch verhandelt.

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Meinung: "No Rocket science" bezieht sich auf Tätigkeiten, die so selbstverständlich sind, dass kein besonderes Know how nötig ist, um sie zu verrichten. Die Bewältigung der Corona-Krise als "keine Raketenwissenschaft" abzutun, wird an der Herkulesaufgabe nichts ändern. Solange man an der Frage vorbei laviert, ob das alles nötig gewesen wäre, die Präventivmaßnahmen, die zum Erliegen vieler Wirtschaftszweige geführt haben, solange kommt die menschliche Natur im Wesen des Politikers immer am Besten zur Geltung.

Der wissenschaftliche Beweis muss schlussendlich geliefert werden, denn auf Mathematik und Medizin hat sich die Regierung berufen. Wenn nicht der unappetitliche Beigeschmack des immanenten Auseinanderdividierens der Generationen mitschwingen würde, der unausgesprochene Vorwurf an die Jugend, sie würde die Alten am liebsten alleine damit zurecht kommen lassen, könnte man dem Vize seine Fehlereingeständnisse abkaufen. Wenn man Hobel-Späne-Sager in der ORF-Pressestunde hört, schon wieder nicht. Trotz des lustigen Steirers ist diese Corona-Regierung einfach nur noch traurig mit anzusehen. Ein bisschen mehr Kontaktsport im Freien könnte in dieser Phase helfen, wieder in Form zu kommen.

(APA/red)