Politische Bildung zum Klimawandel im Kunst Haus Wien

Die Klimaveränderung inspiriert Fotografen und Filmemacher, die sich in ihren künstlerischen Arbeiten dem Umweltthema verstärkt zuwenden. Erschreckende Motive vom Wandel in der Natur finden sich auf der ganzen Welt. Nicht immer lässt sich in den Werken ein Unterschied zwischen Dokumentation, Hobbyfotografie und Kunst ausmachen. Das Kunst Haus Wien, ein Museum der Wien Holding, präsentiert von 16. September 2020 bis 14. Februar 2021 die Herbstausstellung "Nach uns die Sintflut". Darin werden die weltweiten Auswirkungen der Klimakrise auf unser Ökosystem sichtbar gemacht. Die Ausstellung steht für die Anliegen und Schwerpunkte, die das Kunst Haus Wien als "Grünes Museum" verfolgt: Umwelt-, Natur- und Nachhaltigkeitsthemen und künstlerische Fotografie. Lokalpolitische Aspekte werden darin auch zur Schau gestellt.

Kunst Haus Wien: Neue Ausstellung "Nach uns die Sintflut"

Foto von Axel Braun: Kaiser-Franz-Josefs-Höhe, 2019 | © Axel Braun

Politisches Kuratorium für Kunstthemen

Schwindende Gletscher, steigende Meeresspiegel und versteppte Landflächen zeigen, dass die massiven Klimaveränderungen längst in unserer Gegenwart angekommen sind. "Nach uns die Sintflut" vereint fotografische und filmische Arbeiten von 21 internationalen KünstlerInnen aus den vergangenen zehn Jahren. Auswirkungen des wachstumsorientierten Wirtschaftssystems werden ebenso aufgezeigt wie die die gesellschaftlichen und sozialen Folgen der Klimakrise. Das Museum mit programmatischen Namen "Kunst Haus Wien" zeigt in der Ausstellung gleichsam die politischen Auswirkungen auf Kunst und Kultur. Künstler müssen sich in ihrer erwerbsmäßigen Tätigkeit kuratorischen Parteiprogrammen anpassen, um Ausstellungen zu erhalten oder ausgestellt zu werden.

Aufnahmen der überhitzten Erde

Der alpine Bereich ist von der Klimaerwärmung besonders betroffen, was sich in der dramatisch voranschreitenden Gletscherschmelze manifestiert. Exemplarisch dafür steht Axel Braun (D), der anhand von historischen Aufnahmen das erschreckende Schwinden der Pasterze dokumentiert. Michael Goldgruber (A) hat für die Ausstellung eine neue Arbeit produziert, die die Veränderung der hochalpinen Landschaft in den Ötztaler Alpen in Tirol zum Inhalt hat. Douglas Mandry (CH) hält in seiner Serie Monuments den Prozess des Verschwindens von Gletschereis auf weißer Folie, die zum Abdecken der Gletscher verwendet wird, in den Schweizer Alpen fest. Die aus den Niederlanden stammende Anouk Kruithof (NL) reiht in ihrer Videoarbeit Ice Cry Baby Aufnahmen einstürzender Gletscher aus aller Welt aneinander und unterlegt die Bilder mit dem Sound des brechenden und fließenden Eises.

Kunst Haus Wien Museum und Ausstellungshaus

Das Museum und Ausstellungshaus, von Hundertwasser gegründet und "Kunst Haus Wien" benannt, zählt zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt | © Eva Kelety

Umfangreiches Begleitprogramm

Als "Grünes Museum" trägt das Kunst Haus Wien zur Bewusstseinsbildung bei und möchte zum Handeln anregen. Zur Ausstellung ist daher ein umfangreiches Begleitprogramm geplant: eine Diskussionsreihe in Kooperation mit Fridays for Future zu umweltrelevanten Themen sowie Reading Classes zu Karl Marx mit Lukas Egger von der Uni Wien. Mit der Einladung von Fridays for Future (Wien?) kommt eine Bewegung ins Museum, die auf den Straßen Wiens für Aufsehen sorgt. Als Teil der Grünen Mobilisierung zieht der "Fridays for Future" Demonstrationszug jeden Freitag stundenlang durch die Innenstadt. Ihr Recht auf freie Meinungsäußerung in Zeiten von Corona wird politisch gestützt.

Fridays for Future Wien Demonstrationsumzug hielt am Stephansplatz fröhlichen Protest ab

Fridays for Future Wien Demonstrationsumzug am Stephansplatz, 10. Juli | © keymedia

Fridays for Future im Museum

Legitimiert scheinen die Proteste der Polit-Bewegung auf Wiens Straßen durch die Teilnahme von Schülerinnen am "Weltweiten Klimastreik" zu sein, zu dem "Fridays for Future" letztes Jahr aufgerufen hatte. Am 25. September 2020 ist es abermals soweit. Die Wiener Akteure des eingetragenen Vereins machen kein Geheimnis daraus, wofür sie die Schülerinnen und Schüler bei der Demonstration für Klima einspannen wollen: Grüne Politik. In der Presseinformation von "Fridays for Future" wird auf die Wien-Wahl direkten Bezug genommen:

Bei der Wien-Wahl wird entschieden, welche Parteien die Verantwortung übernehmen, Wien auf den Weg hin zur Klimaneutralität zu bringen. Die Klimapolitik der Wiener SPÖ und Grünen war bisher ungenügend, um die notwendige Verkehrs- und Energiewende einzuschlagen. Daher wird sich der Klimastreik in Wien vor allem auf die Wahl fokussieren.

Kunst und Politik

Die Schau im Kunst Haus Wien zeigt den Klimawandel und bietet dem Betrachter Möglichkeiten, darauf zu reagieren. Politische Sympathien eine bestimmte Gruppierung können als Souvenir aus dieser Ausstellung mitgenommen werden.

Kommentar: Nicht nur Fotografen, Modedesigner und Kunststudenten vereinnahmen den Klimawandel für produktives Schaffen. Auch Politiker suchen ihr Spiegelbild im Abbild des Untergangs. Fotos, Videos, geförderte Vereine, Schüler und Schülerinnen – alle zusammen ausgestellt im "Grünen Museum" Wiens. Der Titel der Ausstellung ist klug gewählt: "Nach uns die Sintflut" stellt eine Referenz zur Bibel her. Man darf gespannt sein, in welchem Ausstellungsbereich sich die Göttlichkeit verbirgt.

(PID/red)