Bestrafen für Vernadern im Netz benötigt mehr Richter

Die Richtervereinigung begrüßt die türkis-grünen Pläne für die effizientere Verfolgung von Hass im Netz. Für die Umsetzung seien aber zusätzliche Richter-Planstellen nötig, forderte Präsidentin Sabine Matejka im APA-Gespräch. Die Reform brächte massiven Mehraufwand im Straf- und Zivilbereich. 2021 sind zudem sehr viele Corona-Folgen-Verfahren zu erwarten – und die Gerichtestünden schon jetzt an der Grenze ihrer Kapazität. Erforderlich seien in Summe 50 Posten mehr.

Eilverfahren für Löschung von Hasspostings

“Wenn für diese Reform keine zusätzlichen Richterplanstellen geschaffen werden, dann ist dies letztlich auch ein Affront gegenüber den von Hass im Netz betroffenen Menschen, denen man in Pressekonferenzen rasche Hilfe verspricht”, stellte Matejka fest. Geplant ist u.a. ein zivilrechtliches Eilverfahren für die Löschung von Hasspostings. Das bedeute für die Bezirksgerichte eine massive Mehrbelastung. Mit den zwei Bezirksrichtern österreichweit mehr, die laut Folgenabschätzung zum Gesetzesentwurf erforderlich sind, wäre es bei weitem nicht getan, “das ist fern jeder Realität”, so Matejka von der Richtervereinigung.

Keine neuen Richter-Planstellen

Denn in den letzten Jahren habe es viele Gesetzesänderungen gegeben, die den Gerichten Mehraufwand bescherten, vom neuen Erwachsenenschutzgesetz bis zur Beschleunigung von Jugendstraf- oder Fremdenrechtssachen – aber keine neuen Richter-Planstellen. Derzeit sind in der Rechtsprechung rund 1.700 Richter (Vollzeitäquivalent) tätig. 50 zusätzliche Planstellen plus 20 “Reserve-Planstellen” für die rasche Nachbesetzung von Richterinnen, die in Mutterschutz gehen, ist aus Sicht der Richtervereinigung das Mindeste, damit das “Hass im Netz”-Vorhaben ordentlich umgesetzt werden kann – und auch der für 2021 erwartete “große Schub” in Folge der Corona-Krise zeitnah erledigt werden kann.

Hasspostings sollen künftig leichter geahndet werden

Sigi Maurer, Justizministerin Alma Zadic und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler am 3. September bei einer Pk zum Thema “Hass im Netz” | © APA/Schlager

Mehr Gerichtsprozesse ab 2021 erwartet

Mit dem zweimonatigen Lockdown und dem jetzt immer noch für viele geltenden Aufschub sei heuer der Anfall zwar leicht zurückgegangen. Aber nächstes Jahr erwartet Sabine Matejka in Folge der Corona-Pandemie einen starken Anstieg vor allem im Zivilrechtsbereich – mit all den Verfahren rund um Insolvenzen, Arbeits- oder Mietrechtsstreitigkeiten, Einklagung offener Forderungen etc. Deren rasche Erledigung sei nicht nur für die Verfahrensparteien, sondern für die gesamte Wirtschaft existenziell.

Verfahren bei “Hass im Netz”-Delikten

“Die Folgen langer Gerichtsverfahren haben weit größere finanzielle Auswirkungen als die Kosten für zusätzlich Planstellen”, merkte Matejka an. Ohne personelle Aufstockung sei die zeitnahe Erledigung aber nicht möglich.

Der möglichen Sorge, dass mit einer jetzigen Aufstockung später – wenn z.B. die Corona-Fälle erledigt sind – Überkapazitäten entstehen, tritt die Richtervereinigung auch entgegen – mit dem Hinweis darauf, dass es in den nächsten fünf bis zehn Jahren an den Gerichten zu hohen pensionsbedingten Abgängen kommen wird.

(APA/red)