Sobotka wechselt die Seiten im Ibiza-U-Ausschuss

Der Vorsitzende des Ibiza-Untersuchungsausschusses, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), hat zum Herbst-Auftakt der Befragungen die Seiten gewechselt. Als Auskunftsperson verteidigte er am Mittwoch die Tätigkeit des Alois-Mock-Instituts, dessen Vorsitzender er ist. Zum ersten Mal bekam der Ausschuss auch eine Szene aus dem wichtigsten Beweismittel, dem Ibiza-Video, zu sehen. Der Seitenwechsel von Sobotka im Ibiza-U-Ausschuss scheint für Beobachter recht ungewöhnlich.

Sobotka steht Rede und Antwort

“Herr Präsident, es ist ungewohnt, dass Sie heute rechts und nicht links von mir sitzen”, meinte Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl. Die Sitzung leitete statt Sobotka die Zweite Nationalratspräsidentin, Doris Bures (SPÖ). Er sei “überrascht” gewesen, dass er als Vorsitzender nun auch Auskunftsperson im Untersuchungsausschuss ist, sagte Sobotka selbst in seinem kurzen Eingangsstatement – betreffe das Untersuchungsthema doch die Vollziehung des Bundes. Dennoch bezeichnete es der Nationalratspräsident als seine “Pflicht”, den Abgeordneten seines Hauses Rede und Antwort zu stehen.

Verwunderung demonstrierte Sobotka im Ibiza-U-Ausschuss auch über die seiner Meinung nach versuchte Involvierung des Alois-Mock-Instituts in den Untersuchungsgegenstand. Dieses sei 2012 von ihm gegründet worden mit dem Ziel, “die politischen Ansätze Mocks langfristig zu erhalten”. Es handle sich um eine “Plattform für Vordenker”. Sobotka war bis 2019 Obmann, derzeit ist er Präsident. Die operative Führung hatte er jedoch nie, betonte er.

Alois-Mock-Institut von Interesse

SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer machte Sobotka darauf aufmerksam, dass das Alois-Mock-Institut bis vor kurzem eine Durchwahl der Telefonnummer der ÖVP Niederösterreich hatte und somit Infrastruktur der Partei genutzt habe. Um diese Dinge habe er sich nicht gekümmert, antworte Sobotka, er kenne auch nicht die frühere Büroadresse, weil man dort nie getagt habe. “Nach dem wir nicht allzu viel Geld hatten, hatten wir anfangs ein kleines Büro.” Krainer hielt Sobotka zudem vor, dass das Alois-Mock-Institut in einer Publikation den niederösterreichischen ÖVP-Politiker Lukas Mandl mit “unser Kandidat” tituliert hatte.

Nationalratspräsident Sobotka auf ungewohntem Platz im Ibiza-U-Ausschuss

Nationalratspräsident Sobotka auf ungewohntem Platz im Ibiza-U-Ausschuss | © APA/Schlager

“Meine Aufgabe war es, Kontakte zu Wirtschaftsunternehmen herzustellen”, antwortete Sobotka im Ibiza-U-Ausschuss auf die Frage von Verfahrensrichter Pöschl zu seiner genauen Tätigkeit im Alois-Mock-Institut. Mit Novomatic habe man “ausgelotet”, welche Themen den Glücksspielkonzern interessieren könnten, die mit den Zielen des Instituts vereinbar sind. Geeinigt habe man sich etwa auf Arbeiten zur Balkanregion, da das Unternehmen dorthin exportieren habe wollen. Als Gegenleistung habe Novomatic eine Veranstaltung für 250 Personen finanziert, also die Räumlichkeiten und das Buffet gezahlt, berichtete Sobotka. Dies sei das Wesen solcher Kooperationen, betonte er.

Inserate für Arbeitnehmerflügel

Sobotka bestätigte in der Befragung, dass es – indirekt – Geldflüsse von den Partnern des Alois-Mock-Instituts in Form von Inseratengeldern an den Arbeitnehmerflügel der ÖVP Niederösterreich, den NÖAAB gab, dessen Landesobmann Sobotka ebenfalls ist. Konkret schalteten Unternehmen wie Novomatic Inserate im “Mock-Report”, der Zeitschrift des gleichnamigen Instituts. Dieses wiederum schaltete Inserate im Magazin “Arbeiten für Niederösterreich” desArbeitnehmerbunds, das vom niederösterreichischen Pressverein herausgegeben wird. Sobotka verwies darauf, dass Inserate möglichseien, weil es eine Gegenleistung gibt. Um große Summen sei es ohnehin nicht gegangen, so Sobotka. Ein Betrag nannte er nicht. Die Inseratenpreise seien marktüblich gewesen.

Angesprochen wurde Sobotka vom Verfahrensrichter auch zu seinem ehemaligen Pressesprecher Bernhard Krumpel, der nach dem Jahr 2000 Leiter der Konzernkommunikation von Novomatic war und nach Sobotka am Mittwochnachmittag die zweite Auskunftsperson des U-Auschusses ist.

Wie schon so oft zuvor im Ibiza-Untersuchungsausschuss sollte es auch zum Herbst-Auftakt am Mittwoch nicht zur Befragung einer dritten Auskunftsperson kommen: Markus Braun, Vorstand der Sigma Investment AG und freiheitlicher ORF-Stiftungsrat, musste sein Kommen absagen, bestätigten Fraktions-Vertreter der APA. Er soll sich aufgrund eines Covid-Verdachts in seinem Umfeld in Quarantäne befinden.

Video-Pause mit Strache und Gudenus in Ibiza

Die Befragung von Wolfgang Sobotka im Ibiza-U-Ausschuss wurde bereits nach kurzer Zeit erstmalig unterbrochen. SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer wollte “probeweise” eine Terrassen-Szene aus dem Ibiza-Video mit Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus sehen. Aufgrund der kurzfristigen Lieferung des Materials müssen allerdings – um die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Personen zu wahren – die Sequenzen zuerst begutachtet werden, wie die Ausschussvorsitzende Bures vor Sitzungsbeginn klargestellt hat. Nicht ganz zehn Minuten dauerte es, die eine Minute Video zu sichten und darüber zu entscheiden, ob man sie zeigen kann.

Eine Szene aus dem "Ibiza-Video" aufgenommen am Samstag, 18. Mai 201

Gudenus und Strache im “Ibiza-Video” | © Spiegel/SDZ

Schwarze Aussichten für Ibiza-U-Ausschuss

Das geschwärzt dem U-Ausschuss übermittelte Ibiza-Video wird wahrscheinlich auch bald den Verfassungsgerichtshofs (VfGH) beschäftigen. FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker kündigte an, sich mit den anderen Parteien abzustimmen, um die ungeschwärzte Vorlage des Videos zu erzwingen. NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper will ebenfalls den VfGH einschalten, wie sie sagte. Krainer sagte, diesen Schritt zu prüfen.

Sobotkas Befragung dauerte rund fünf Stunden und war um 15.30 Uhr beendet. Für Krisper war es eine “unrühmliche Premiere, dass der Vorsitzführende befragt wird”. Sie hätte gehofft, dass Sobotka über den Sommer in sich geht und sich entschließt, den Ausschussvorsitz gänzlich zurückzulegen.

ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl will auch die Verbindungen des Glücksspielriesen Novomatic in SPÖ-geführte Bundesländer untersuchen und deshalb den burgenländischen Ex-Landesrat Christian Illedits (SPÖ) laden.

(APA/red)