US-Klage gegen Digitalsteuer der Bundesregierung

Seit dem Inkrafttreten der “Digitalsteuer” mit 1. Jänner 2020 sollten Internet-Riesen wie Google, Facebook & Co in Österreich fünf Prozent auf Einnahmen aus Onlinewerbung zahlen. Die bei einer Regierungsklausur Ende Jänner in Krems verkündeten Pläne für eine Steuerreform, wanderten wegen der Corona-Krise genauso in den Mistkübel wie das Budget des Finanzministers. Eine Steuer, die damals nicht im Rahmen der Regierungsklausur behandelt wurde, war die sogenannte „Digitalsteuer“. Sie wurde noch im April 2019 unter der türkis-blauen Regierung ersonnen, im Herbst 2019 im Nationalrat beschlossen, und ist mit 1. Jänner 2020 in Kraft getreten.

Regierung bietet Internetgiganten die Stirn

Schlagzeilen für den mutigen Schritt der Regierung, einen EU-Alleingang in punkto Besteuerung von Google, Facebook & Co hinzulegen, gab es in jenen heimischen Blättern, die sich einen Anteil an den Steuereinnahmen erhofft haben. Nicht umsonst haben sie unentwegt eine “Digitaloffensive” herbei geschrieben. Die hätte gescheit beworben gehört in den Massenmedien der Eigentümerfamilien. Paradoxerweise wären viele Verlage ohne die Einnahmen von Google für Werbeausspielungen auf ihren Online-Portalen kaum überlebensfähig.

Nachdem das Gesetz mit 1. Jänner 2020 in Kraft getreten ist, ließ Google ausrichten, die Abzüge vom Fiskus an ihre Werbekunden weitergeben zu wollen. Statt einen Vorteil zu erfahren, mussten die Werbetreibenden gleich einmal mehr zahlen beim Marktmonopolisten. Ein harte Konsequenz für läppische 20 Millionen, die man Google und Facebook abknöpfen wollte, um ein paar Startups und Medienverlagen unter die Arme zu greifen.

Digitalsteuer wurde 2019 von ÖVP und FPÖ beschlossen, um Google zur Kasse zu bitten

Digitalsteuer wurde 2019 von ÖVP und FPÖ beschlossen, um Google zur Kasse zu bitten | © APA (AFP)/Robyn Beck

Nun wurden die Daumenschrauben von Seiten der US-Wettbewerbsbehörden eine Spur fester angezogen und ein Verfahren gegen Österreich und die türkis-blaue Digitalsteuer eingeleitet. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Regierung unter Bundeskanzler Kurz einen Rückzieher eleganten vollzieht. Die Coronakrise hat ohnehin genug Mittel in anderen Budgettöpfen geschaffen, um alle, die es dringend brauchen, zu bedienen.

20 Millionen Gründe für Österreich

Die USA haben ein Verfahren gegen Österreichs Digitalsteuer am 2. Juni 2020 eingeleitet. Sie halten die Maßnahme für diskriminierend gegen große US-Konzerne und drohen Österreich Strafzölle an, die ein Vielfaches der neuen Abgabe umfassen können. Österreich hatte mit 1. Jänner über eine erhöhte Werbeabgabe von fünf Prozent eine Steuer eingeführt, die gezielt auf internationale Großkonzerne wie Google abzielt.

Die Digitalsteuer sollte Österreich 20 Mio. Euro einbringen. Schon seit Monaten wettern US-Vertreter gegen die österreichische Maßnahme – und ähnliche tatsächliche oder erst geplante Abgaben in anderen Ländern. Frankreich hat seine Digitalsteuer auf Druck der USA vorerst bis Ende 2020 auf Eis gelegt.

Stimmige Expertenmeinung

Katharina Kubik, Expertin für Steuerrecht bei Freshfields Bruckhaus Deringer, empfiehlt Österreich den gleichen Weg. Sie bezweifle, dass es für Österreich dafürsteht, dafür den USA die Stirn zu bieten und den Kampf auszutragen, sagte sie im Gespräch mit der APA. Vor allem weil im Rahmen der OECD mit Hochdruck an einer internationalen Lösung gearbeitet werde. Die Coronapandemie habe diese Arbeit zwar etwas verzögert, aber Lösungen bis 2021 bleiben das Ziel. Allerdings verlangen die USA, dass die neue Besteuerung in der internationalen Vereinbarung lediglich eine Option bleibt, was die anderen Staaten ablehnen.

Verfahren gegen A wie Austria

Das US-Handelsorganisation USTR bzw. Handelsbeauftragter Robert Lighthizer hat nicht nur das kleine Österreich im Visier, sondern geht auch gegen die EU als ganzes, Indien, Brasilien, Großbritannien, Tschechien, Italien, Spanien, die Türkei und Indonesien vor. Kraft der alphabetischen Aufzählung in der amtlichen Mitteilung kommt Österreich aber auf den prominenten ersten Platz, was dem Land in den USA ungewöhnliche Aufmerksamkeit beschert hat, weiß Kubik.

USTR Handelsbeauftragter Robert Lighthizer hat Österreichs Digitalsteuer im Visier

USTR Handelsbeauftragter Robert Lighthizer hat Österreichs Digitalsteuer im Visier | © Stephanie Chasez

Fristen im engeren Sinn gibt es in dem Verfahren nicht, die USA haben aber alle Interessierten – also im Wesentlichen die großen Digitalkonzerne – zu einer Stellungnahme bis 15. Juli eingeladen. Die betroffenen EU-Staaten tauschen sich am morgigen Donnerstag auf Expertenebene zum Thema aus, dann werde sich zeigen, in welche Richtung die Diskussion geht, hieß es auf APA-Anfrage aus dem Wirtschaftsministerium.

Verschiebung auf Schiene gebracht

Denn im Widerstand gegen gefühltes Unrecht für die eigene Wirtschaft sind die USA nicht zimperlich. Frankreich wollte auf den Umsatz von Internetriesen 3 Prozent Steuer einheben, in Summe 400 Mio. Euro. US-Präsident Donald Trump drohte im Gegenzug mit Sonderzöllen von bis zu 100 Prozent auf französische Waren im Umfang von rund 2,4 Milliarden Dollar (2,1 Mrd. Euro). Auch Österreich müsste sich also auf heftige Strafzölle einstellen. Kubik geht allerdings davon aus, dass der Strafzoll etwa die gleiche Höhe erreichen dürfte wie die Abgabe in Österreich, um verhältnismäßig und WTO-konform zu sein. Das könnten beispielsweise 20 Prozent Zoll auf Exporte im Wert von 100 Mio. Euro sein.

Klar ist, dass in dieser Frage der im Wahlkampf stehende Trump auch die Unterstützung der Demokraten hat, die die Einleitung von Verfahren gegen alle Länder mit Digitalsteuern mittragen.

(red/APA)