Stadtratsteam und Anzahl der Ressorts für Neos stehen fest

Die Entscheidungen über die Ressortaufteilung der künftigen rot-pinken Koalition in Wien sind gefallen. Die Neos mit dem designierten Stadtrat Christoph Wiederkehr verantworten künftig die Bereiche Bildung, Jugend, Integration und Transparenz. Der bisherige Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky übernimmt ein “Zukunftsressort” inklusive Klimaschutz, Umwelt, Demokratie und Personal. Peter Hanke bleibt Finanzstadtrat, erhält aber von Sima die Wiener Stadtwerke inklusive Wiener Linien dazu. Das sagte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am Montagabend in einer Pressekonferenz. Alle anderen Bereiche bleiben in SPÖ-Hand.

Bildung, Integration und Transparenz für Neos

Obwohl das rote sechsköpfige Stadtratsteam gleich bleibt, ergeben sich einige Umgruppierungen in den einzelnen Geschäftsgruppen. Die bisherige Umweltstadträtin Ulli Sima bekommt ein “Innovationsressort”, das u.a. Mobilität und Stadtentwicklung umfasst. Ansonsten bleiben die Zuständigkeiten im Großen und Ganzen wie gehabt: Wohnbaustadträtin bleibt Kathrin Gaal, die auch Vizebürgermeisterin wird. Peter Hacker verantwortet weiter Gesundheit, Soziales und Sport. Kultur und Wissenschaft bleiben bei Veronica Kaup-Hasler. Der Koalitionspakt sowie das Personalpaket wurden in den roten Gremien mit großer Mehrheit abgesegnet. Die Neos müssen am Dienstag noch in einer Mitgliederversammlung zustimmen.

Neos-Wien Parteiobmann Christoph Wiederkehr und Bürgermeister Michael Ludwig

Neos-Wien Parteiobmann Christoph Wiederkehr und Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am Montag, 16. November 2020, im Rahmen einer Pressekonferenz nach der Koalitionseinigung SPÖ-Neos im Wiener Rathaus. | © APA/Neubauer

Nähere Details aus dem Koalitionsvetrag

Bei der Ressortverteilung seien die Zuständigkeiten zum Teil beibehalten, zum Teil aber auch deutlich verändert worden. Ulli Sima gibt etwa die Umwelt ab und erhält den Bereich Smart-City-Strategie, Digitales, Stadtplanung und auch die Zuständigkeit für “Mobilität”. Dies umfasse mehr als nur Verkehr, betonte Ludwig – der unter anderem ankündigte, dass die Straßenbahn künftig auch die Stadtgrenze überqueren solle. Allerdings: Die Wiener Linien fallen nicht mehr in Simas Ressort, denn die Stadtwerke wandern in die Geschäftsgruppe von Finanzstadtrat Hanke.

Das “Zukunftsressort” von Jürgen Czernohorszky ähnelt dem bisherigen Umweltressort, wobei der Klimaschutz nun auch dort dazugehört. Er war bisher bei Stadträtin Birgit Hebein (Grüne) angesiedelt. Der Noch-Bildungsstadtrat ist auch für Personal und Demokratie – und damit auch für Partizipation und Bürgerbeteiligung – zuständig.

Man trenne sich ungern von den Bereichen Bildung, Jugend und Integration, gestand Ludwig ein. Aber man verstehe, “dass die NEOS gerade dort ihre besonderen Schwerpunkte setzen wollen”. Der designierte Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr identifiziere sich auch persönlich sehr mit diesem Thema, gab der Stadtchef zu bedenken.

Inzwischen sickern auch weitere Details aus dem mehr als 200 Seiten starken Koalitionsabkommen durch – nachdem am Vormittag schon die Eckpunkte präsentiert worden waren. Der Rest soll morgen, Dienstag, nach den Neos-Parteigremien vorgestellt werden.

Inseratenpolitik wir überdacht

Fixiert wurde demnach etwa, dass bei Inseraten künftig festgelegt wird, dass man bevorzugt mit Medien zusammenarbeiten wird, bei denen journalistische Sorgfalt, Innovation sowie Aus- und Weiterbildung einen hohen Stellenwert haben.

Im Verkehrsbereich wurde u.a. festgelegt, dass die von Ludwig erwähnte Straßenbahn bis 2025 über die Stadtgrenze fahren soll – entweder nach Schwechat oder Groß Enzersdorf. Außerdem will Rot-Pink die Taxiflotte in den kommenden fünf Jahren auf Elektroautos umstellen. Auch nicht uninteressant: “Als Ergänzung zum öffentlichen Verkehr könnte eine neue Stadtseilbahn zwischen Hütteldorf und Ottakring das Otto-Wagner-Areal und die künftige Central European University (CEU) an U-Bahn und S-Bahn anbinden”, heißt es im Papier. Eine Machbarkeitsstudie ist vorgesehen.

Erwähnt wird außerdem die verkehrsberuhigte Innenstadt, die Noch-Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne) einführen wollte, aber von Ludwig ausgebremst wurde. Hier soll es eine “rechtskonforme” Lösung mit Umsetzung 2022 geben. Darüber hinaus nimmt sich die Koalition die “Neugestaltung von zumindest vier überregional bedeutsamen Straßen und vier Plätzen bis 2025, die als versiegelte Betonwüsten nicht mehr aktuell sind, und daher entsiegelt und begrünt werden sollen”, vor. Als Beispiele werden der Praterstern und die Simmeringer Hauptstraße genannt.

Außerdem will man vier neue Märkte schaffen sowie die Sonntagsöffnung für Markt-Gastro ermöglichen. Generell will Rot-Pink alle Abgaben und Gebühren systematisch überprüfen.

Eckpunkte der Koalition

Neben Ludwig sind auch alle sechs Stadträtinnen bzw. Stadträte wieder mit dabei. Im Bildungssektor soll der Ausbau der Ganztagsschulen und Bildungscampus-Standorte vorangetrieben werden. Die Zahl der Schulpsychologen wird erhöht, an jeder Wiener Pflichtschule wird außerdem eine zusätzliche Verwaltungskraft für Unterstützung sorgen. Wiederkehr sprach von einem “Wiener Bildungsversprechen”. Im Kindergartenbereich streben die Koalitionspartner ein besseres Betreuungsverhältnis und die Erhöhung von 300 auf künftig 500 Sprachförderkräfte an.

Ein großer Fokus soll auch auf den Kampf gegen den Klimawandel gelegt werden. Mit einem Klimaschutzgesetz will Rot-Pink einen verbindlichen Pfad zur CO2-Neutralität bis 2040 festlegen. Wiederkehr stellte außerdem eine Vervierfachung des Radwegebudgets, neue Straßenbahnverbindungen in den Außenbezirken und mehr Begrünung in Aussicht. “Wir wollen Verkehrsteilnehmer nicht gegeneinander ausspielen, sondern allen Wienerinnen und Wienern Mobilität ermöglichen”, versicherte der Bürgermeister wohl mit Reminiszenzen an die Grünen. Laut Unterlagen sollen außerdem die CO2-Emissionen im Verkehrsbereich sowie der Anteil der Pkw-Pendler bis 2030 um die Hälfte reduziert werden.

Erste Eckpfeiler wurden auch in Sachen Transparenz genannt. So soll der Stadtrechnungshof künftig die Parteifinanzen prüfen dürfen. Laut Wiederkehr wird außerdem eine “Antikorruptionsstelle” samt Whistleblower-Plattform geschaffen. Und eine Idee für einen Sonderbeauftragten gibt es auch schon – nämlich für Informationsfreiheit. Geeinigt haben sich SPÖ und Neos auf eine Reduktion der Wahlkampfobergrenze (zuletzt 7 Mio. Euro pro Partei, Anm.) um “zumindest um 1 Mio.” zu reduzieren. Bei Verstößen sind Sanktionen angedacht.

Beide Parteichefs betonten darüber hinaus, dass es gerade wegen der Coronakrise wichtig sei, die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt zu stabilisieren. So sollen Klein- und Mittelbetriebe unterstützt und die “Joboffensive 50plus” weiter ausgebaut werden. Auch das Gesundheitssystem werde weiter gestärkt – etwa in Form von zusätzlichen Primärversorgungszentren. In Sachen Wohnbau sollen 1.500 neue Gemeindewohnungen in den nächsten Jahren dazukommen. “Wir werden uns außerdem die Vergabekriterien näher anschauen”, meinte Ludwig.

Ludwig lobte das “fortschrittliche moderne Programm” für eine weltoffene Metropole, in der der soziale Zusammenhalt im Mittelpunkt stehe. “Sozial, mutig, menschlich, nachhaltig, modern”, seien die Leitplanken. Er freue sich über die erste sozial-liberale Koalition Österreichs: “Ich bin sicher, das wird Nachahmer finden.” Man habe die Verhandlungen auf Augenhöhe geführt und so wolle man auch die Regierungsarbeit handhaben, meinte der Bürgermeister: “Wir werden uns nicht wechselseitig blockieren.”

(APA/red)